Kinder- und Jugendpsychiatrie/-psychotherapie

Berufsbild

Die Kinder- und Jugendpsychiatrie vertritt als ärztlicher Berufszweig die umfassende seelische, psychosomatische und psychosoziale Behandlung von Kindern und Jugendlichen von der Geburt bis zum Abschluss der Adoleszenz. Sie orientiert sich an der ärztlichen Berufsethik und an der weltweit anerkannten Konvention über die Rechte des Kindes (1989).

 

Wie wird man Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeut* ?

Berufsausbildung und Weiterbildung

Nach einem 6-jährigen Medizinstudium absolviert der angehende Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeut eine spezialisierte 6-jährige  Facharztausbildung (Weiterbildung) – vier Jahre in kinder- und jugendpsychiatrischen Institutionen, ein Jahr Erwachsenenpsychiatrie und ein Fremdjahr in einer anderen klinischen Fachrichtung. Dieser Facharzttitel verbindet naturwissenschaftliches und geisteswissenschaftliches Wissen. Die ärztliche Grundausbildung und die ärztliche Identität befähigen den Kinder- und Jugendpsychiater, sein Fachwissen als Teil des gesamten humanmedizinischen Spektrums zu verstehen und einzuordnen. Die Psychotherapieausbildung wird berufsbegleitend absolviert.

* Im Folgenden wird zugunsten der Lesbarkeit des Textes nur die männliche Form gebraucht, die weiblichen Kolleginnen sind aber immer auch mitgemeint.<//span>

 

Was machen Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeuten?

Tätigkeitsbereiche

Diagnostik und Behandlung
In seiner diagnostischen Arbeit grenzt der Kinder- und Jugendpsychiater psychiatrische Krankheitsbilder und psychische Symptome, die für das Kind oder das Umfeld Leiden verursachen, gegenüber gesundem Verhalten sorgfältig ab und erkennt vorhandene Ressourcen und Bewältigungsmechanismen. Dabei berücksichtigt er kulturelle Aspekte und integriert die Wertvorstellungen der Patienten und deren Familien. Im Abklärungsprozess bezieht er Eltern, Lehrpersonen und andere Bezugs- und Hilfspersonen ein, um ein umfassendes Bild der Lebenssituation des Patienten zu erhalten. Zudem beurteilt der Kinder- und Jugendpsychiater den Entwicklungsstand und die körperliche Gesundheit des Patienten. Die Untersuchung schliesst mit der Empfehlung von Hilfsmassnahmen wie z.B. Psychotherapie, medikamentöse Therapie, Ergotherapie oder Massnahmen der Jugendhilfe ab.

Der zentrale Bereich in der Behandlung ist die psychotherapeutische Tätigkeit, wobei er die Ressourcen der Patienten nutzt und störungsspezifische Interventionen vor dem Hintergrund einer therapeutischen Beziehung einsetzt. Er stellt die Indikation für die Psychotherapie und berücksichtigt dabei die Behandlungsbedürftigkeit, Therapiemotivation und Therapiefähigkeit. Er nutzt wirksame Psychotherapietechniken und verordnet und begleitet, wenn notwendig, eine medikamentöse Therapie. Der Umgang mit kinder- und jugendpsychiatrischen Krisen- und Notfallsituationen ist ihm vertraut. Er integriert seine therapeutische Arbeit falls notwendig in ein umfassendes Unterstützungsangebot, das Ressourcen und Selbstorganisationsfähigkeiten bei den Patienten und im sozialen Umfeld (Familie, Bezugspersonen) mit einbezieht und fördert. Als Therapeut achtet der Kinder- und Jugendpsychiater darauf, die Eltern in ihrer Beziehung zum Kind zu unterstützen. Ziel der psychotherapeutischen Behandlung ist Symptomlinderung und die Verbesserung der Lebensqualität und Beziehungen des Kindes oder Jugendlichen, damit vorhandene Möglichkeiten und Kräfte (kognitiv, emotional, körperlich, sozial und kreativ) genutzt werden können und positive Entwicklungsschritte in Gang kommen.

Entwicklungsorientierung
Der Kinder- und Jugendpsychiater verfügt über fundierte Kenntnisse zur bio-psycho-sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und vermittelt zwischen dem Innenleben der ihm anvertrauten Patienten und deren Aussenwelt: den Eltern, Bezugspersonen, Lehrpersonen und Gleichaltrigen. Augenmerk hält der Kinder- und Jugendpsychiater insbesondere auf die verschiedenen Lebensphasen von Kindern und Jugendlichen, auf individuelle Entwicklungstempi und Bedürfnisse. Da sich Kinder in Beziehung zu ihren Bezugspersonen entwickeln und entfalten, gehören schon Eltern in der Erwartung ihres Kindes während der Schwangerschaft sowie Eltern mit Säuglingen und Kleinkindern zum Fachgebiet der Kinder- und Jugendpsychiatrie, am anderen Ende des Altersspektrums auch Adoleszente über die gesetzliche Volljährigkeit hinaus.

Interdisziplinäres Denken und Handeln
Als Mediziner ist der Kinder- und Jugendpsychiater ein wichtiger Partner für andere Berufsgruppen, die mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen arbeiten. Mit seinen spezifischen Kompetenzen berät er Hausärzte, Kinderärzte und Psychologen und sucht mit Heilpädagogen, Sozialarbeitern, Schulen und Behörden das Verbindende zur bestmöglichen gemeinsamen Unterstützung der Kinder und Jugendlichen und deren Familien. Die spezifischen Kenntnisse in seinem Fachgebiet nutzt er in spezialisierten und fachübergreifenden Tätigkeiten, wie zum Beispiel in der Psychosomatik, im Kinderschutz, bei körperlicher und geistiger Behinderung oder in der Forensik. Als Mediziner beurteilt er den körperlichen Zustand und bildet sich ein differenzialdiagnostisches Urteil unter Berücksichtigung somatischer Erkrankungen. Dabei nutzt er das Wissen aus der Genetik und Neurologie, um so hinter Verhaltensauffälligkeiten allfällige somatische Ursachen zu erkennen. Er wendet seine Kenntnisse gemeinsam mit den ärztlichen Kollegen der anderen Fachdisziplinen an und vermittelt diese anderen nicht medizinischen Berufsgruppen. Der Kinder- und Jugendpsychiater verfolgt einen sozialpsychiatrischen Ansatz und trägt so zur Prävention der psychischen Gesundheit der Bevölkerung bei. Sein Wissen und seine Erfahrung sind wertvoll für Gesundheitspolitiker und Behörden. Er macht sie insbesondere aufmerksam auf die Bedürfnisse gewisser Risikogruppen,  sowie auf Entwicklungstendenzen z.B. im Jugendbereich, und setzt sich für ein niedrigschwelliges, vielfältiges und multidisziplinäres Angebot ein. Er berücksichtigt bei seiner Arbeit auch wirtschaftliche Aspekte, achtet dabei aber immer darauf, dass die Respektierung der essentiellen und grundlegenden Interessen von Kindern, Jugendlichen und deren Familien als oberstes Ziel erhalten bleibt. Auch in Bezug auf Prävention liegt sein Augenmerk auf der Nachhaltigkeit seiner vermittelnden und therapeutischen Arbeit, womit er eine mittel- bis langfristig kostenbewusste Arbeit leistet.

Wie bilden Kinder- und Jugendpsychiater/-psychotherapeuten sich fort ?

Fortbildung und Forschung

„Medical study is a life long study“: Seine Fachkenntnisse vertieft und verbessert der Kinder- und Jugendpsychiater ständig, indem er an fachspezifischen und fachübergreifenden Kongressen und Fachtagungen teilnimmt und die aktuelle Fachliteratur studiert. Das - im Laufe der Weiter- und Fortbildung - erworbene handlungsorientierte Wissen überprüft er kritisch im Lichte evidenzbasierter wissenschaftlicher Erkenntnisse. Zur Qualitätssicherung seiner Arbeit unterstellt er sich im Rahmen seiner Tätigkeit als Psychotherapeut kontinuierlicher Supervision, Intervision und Fachberatungen durch Vorgesetzte, Lehrer und erfahrene Kolleginnen und Kollegen. In der kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung werden Ursachen, Verläufe und wirksame Therapien der verschiedenen Störungsbilder untersucht. Dabei trägt die Orientierung am ärztlichen Berufsethos und an den etablierten wissenschaftlichen Standards zu einer guten Qualität der Forschung bei und dient der kontinuierlichen Verbesserung des Verständnisses und der Behandlung von kinder- und jugendpsychiatrischen Störungen.

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